Schumanns Lebensweg 1810-1841
 

Am 8. Juni 1810 wird Robert Schumann als jüngstes von fünf Geschwistern in Zwickau geboren. Sein Vater ist Buchhändler, Verleger und Buchautor. Mit sechs oder sieben Jahren erhält er seinen ersten Klavierunterricht beim Stadtorganisten Kuntsch, dem er zeitlebens freundschaftlich verbunden bleibt. Schon früh organisierte er eigene Aufführungen mit Instrumentalisten, die gerade zur Verfügung standen, dirigierte und ergänzte die fehlenden Stimmen am Klavier. Mit zwölf Jahren schreibt er seine erste Komposition, den „Psalm 150“ und „Ouverture mit Chor“ für Orchester Soli und Chor mit obligatem Klavierpart für den Dirigenten Schumann. Sein zweites kreatives Betätigungsfeld ist die Literatur. Durch die Buchhandlung seines Vaters erhält er sogar einfacher Zugang zu den neuesten Werken der Textdichter, als zu den neuen Musikkompositionen. Schumann verfaßt Gedichte, Reden und Aufsätze. Begeistert liest er seinen Kollegen u.a. Goethe, Schiller, Hölderlin, Byron, Shakespeare und später Jean Paul vor. Schumann ist 14 Jahre alt als seine ältere Schwester Selbstmord begeht. Als 16-jähriger verliert er seinen Vater, der Roberts musikalische Neigungen förderte und sich noch kurz vor seinem Tod für ihn bei Carl Maria v. Weber eingesetzt hat.

Schumanns Wesen verändert sich. Er wirkt auf seine Umgebung schweigsamer und in sich gekehrter. Im Sommer 1827 lernt er Agnes Carus, die mit einem Arzt verheiratet ist, kennen. Diese musikbegeisterte Frau macht ihn u.a. mit einigen Schubert Liedern bekannt, die ihn zu ersten eigenen Liedkompositionen und vierhändigen Polonaisen anregen. Emil Flechsig, ein Jugendfreund erinnert sich später an diese Zeit: „Für den damals 1828, erst bekannt werdenden Schubert faßte er eine rasende Vorliebe und schaffte alles an, was von ihm zu haben war...Als Schubert im nächsten Winter starb, geriet er bei der ersten Nachricht seines Todes in solche Aufregung, daß ich ihn die ganze Nacht schluchzen hörte.“

Auf Wunsch seiner Mutter und seines Vormundes studiert Robert Schumann nach seinem glänzenden Abitur Jura in Leipzig. Doch dort nimmt er Klavierunterricht bei Friedrich Wieck, musiziert intensiv, u.a. Schuberts Es-Dur Klaviertrio und komponiert selbst ein schönes Klavierquartett. Mit 19 Jahren wechselt er nach Heidelberg, und tritt dort auch als Pianist in Erscheinung. In den Ostertagen erlebt er Paganini in Frankfurt, der ihn „aufs äußerste zum Fleiß reizte, wenn er auch einen Mangel an der großen, edlen, priesterlichen Kunstruhe“ feststellte.

In dieser Zeit reift auch der endgültige Entschluß zur Musik. Die Abegg-Variationen op.1, die Papillons op.2 und die erste Fassung der Toccata op.7 enstehen. Schumann beschränkt sich bei seinen ersten veröffentlichten Kompositionen aufs Klavier. Bei Friedrich Wieck nimmt er wieder den Klavierunterricht auf, und beendet offiziell das Jurastudium mit der Rückkehr nach Leipzig. Daneben erhält er noch Theorieunterricht beim damaligen Musikdirektor Heinrich Dorn. Doch schon bald danach ist er von beiden Lehrern enttäuscht. In seinem Tagebuch schreibt er über Wieck: „Er ist doch ein böser Mensch; Allwin (der kleine Sohn Wiecks) hatte nicht ordentlich gespielt...- wie er ihn auf den Boden warf, bey den Haaren zaußte, selber zitterte u. schwankte...u. zu allen diesen lächelte Zilia (Clara Wieck, die pianistisch hochbegabte Tochter aus erster Ehe) u. setzte sich mit einer Weber’schen Sonate ruhig an’s Clavier. Bin ich unter Menschen?“ Und über die Musik seines Theorielehrers: „Dorn’sche Musik. Es ist lächerlich, wenn Hunde Vögel haschen wollen. Einen Hasen schießt ihr todt, einen Löwen könnt ihr nicht erwürgen.“ An seinen alten Lehrer in Zwickau richtet er gleichzeitig folgende Zeilen: „Bachs Wohltemperiertes Clavier ist meine Grammatik, die beste ohnehin. Die Fugen selbst hab ich der Reihe nach bis in ihre feinsten Züge zergliedert; - denn Bach war ein Mann - durch und durch; bei ihm gibt’s nichts Halbes, Krankes, ist Alles wie für ewige Zeiten geschrieben.“

Durch übertriebene Fingerübungen erlahmt zunehmend sein Mittelfinger. Durch dieses Schicksal kann er jedoch seine Tätigkeit als Komponist intensivieren. Gleichzeitig beginnt er als Musikschriftsteller zu arbeiten mit der Veröffentlichung seiner ersten enthusiastischen Besprechung für F. Chopin. Später gründet er seine eigene Zeitschrift, die NZfM, die er zu einem der führenden Organe Deutschlands macht. Er schreibt seine Artikel aus der Sicht unterschiedlicher Charaktere. Eusebius nennt er den besonnenen, empfindsamen Charakter, der „so schwärmerisch als gelassen Blüte nach Blüte auszieht“ , Florestan den kraftvollen, begeisterungsfähigen, der „alles Zukünftige, Neue, Außerordentliche schon wie lange vorher geahnt“ und Meister Raro den ausgleichenden, der „im Verkehr mit Meistern und Meisterwerken und durch Vergleichung zwischen diesen und den eigenen Leistungen lernt.“ Diese Symbolgestalten und viele andere faßt er unter dem Begriff „Davidsbündler“ zusammen.

Sein Bruder Julius und seine geliebte Schwägerin Rosalie sterben.. Schumann fällt in ein schweres psychisches Leiden. Nach langem Schweigen schreibt er seiner Mutter: „Heftiger Blutandrang, unaussprechliche Angst, Vergehen des Atems, augenblickliche Sinnesohnmacht wechseln rasch.“ Nach der Genesung knüpft er erste Kontakte zum späteren Gewandhauskapellmeister Felix Mendelssohn-Bartholdy, dessen Kompositionen er verehrt.
Schumanns folgende Kompositionen geben nun erste Hinweise auf Clara Wieck ( Impromtus op.5 ). Henriette Voigt, die er durch seinen früh verstorbenen Freund und Pianisten Schuncke kennengelernt hat, und in deren Haus viel musiziert wird, macht ihn mit Ernestine v. Fricken, einer Schülerin von Friedrich Wieck bekannt. Schumann verliebt sich in dieses Mädchen. In Briefen an Henriette Voigt sind bald Zweifel an dieser Beziehung herauszulesen, obwohl Friedrich Wieck diesen „Sommerroman“ unterstützt, um von Clara abzulenken. Später steht Ernestine auf der Seite des jungen Paares Clara und Robert im Kampf gegen Wieck. Zwei gewichtige Werke vollendet Schumann in diesem Zusammenhang,  den Carnaval op.9  und die Sinfonischen Etüden op.13.
1835, Schumann ist 25 Jahre alt, fühlt er sich immer unwiderstehlicher von Clara angezogen. Friedrich Wieck möchte seine Tochter nicht an Schumann verlieren. Sie soll reisende Virtuosin bleiben mit ihrem Vater als Manager. Bald kommt es zum offenen Bruch mit Schumann. Er verbietet ihm jeglichen Umgang mit Clara, nicht einmal Briefe sind erlaubt. Musik wird zum Kommunikationsmittel. Zusätzlich belastend für Schumann in dieser schweren Zeit ist der Tod seiner Mutter.
Er beendet die drei Sonaten. Die erste Sonate op.11 in fis-Moll widmet er Clara, die nach dem ersten Durchspielen begeistert reagiert. Franz Liszt hält dieses Werk für das beste dieser Gattung seit Beethoven. Dagegen fällt der Entwurf zur Phantasie op.17 in die Zeit der völligen Trennung von Clara. In den Davidsbündlertänzen op.6 beantwortet Schumann das musikalische Motto, die von Clara Wieck komponierte Mazurka op.6/5 mit einer Fortführung ihres Motivs. Zur gleichen Zeit entstehen auch die Phantasiestücke op.12, die Schumann der Pianistin Robena Laidlaw, die im Juli 1837 in Leipzig ein Konzert gibt, widmet. Sie hat sich neben Franz Liszt, Clara Wieck und Adolf Henselt sehr für Schumanns Werk eingesetzt.

Im August desselben Jahres spielt Clara nach längerer Zeit wieder in Leipzig, u.a. auch aus den Sinfonischen Etüden op.13, für Robert Schumann nach langer Zeit der Enttäuschung ein wichtiges Zeichen. Am gleichen Tag schreibt er: „...Schreiben Sie nur ein einfaches Ja.“ Zwei Tage später erwidert Clara: „...sollte nicht ein Herz so voll unaussprechlicher Liebe wie das meine, dies kleine Wörtchen von ganzer Seele aussprechen? ich tue es und mein Innerstes flüstert es Ihnen ewig zu...“ Doch der Vater lehnt ab, und versucht Schumann loszuwerden. Schumann gibt dieses Ja neue Energien.

Die Veröffentlichung seiner Werke betreibt er oft auf eigene Kosten. Die Zeitschrift erfordert auch viel Arbeit. Neben einer Vielzahl von Besprechungen schreibt er in seiner zehnjährigen Tätigkeit ca. 3000 Geschäftsbriefe. „...mein Weg ist ein ziemlich einsamer, ich weiß es, auf dem kein Hurrah einer großen Menge zur Arbeit anfeuert, auf dem mich nur meine großen Vorbilder Bach und Beethoven aus der Ferne anblicken und es an Trostworten, an stärkender Gabe nicht fehlen lassen.“ schreibt er über seine Lage im Februar 1838. Clara reist mit ihrem Vater nach Wien und hat dort großen Erfolg, allerdings mit den damals üblichen Bravourstücken. Anfang 1838 entstehen die Kinderszenen op.15, die bald Verbreitung finden. Die „Träumerei“ aus diesem Zyklus mit insgesamt 13 Stücken ist wohl auch heute noch sein bekanntestes Stück. Als Gegenstück zu den Kinderszenen enstehen die Kreisleriana op.16, in denen eine „recht ordentlich wilde Liebe liegt“. Der dritte gewichtige Werkzyklus des Jahres 1838, der ursprünglich mit den Kinderszenen kombiniert werden sollte, sind die Novelletten op.21.

Im Herbst 1838 reist er nach Wien. Vergeblich bemüht er sich während des halbjährigen Aufenthalts dort Fuß zu fassen. Das wichtigste Erlebnis ist für ihn die Entdeckung der C-Dur Sinfonie Schuberts, die er sofort Mendelssohn zur Uraufführung nach Leipzig schickt. Er hält sie für das Größte, was je nach Beethoven geschrieben wurde. „Das Clavier möchte ich oft zerdrücken und es wird mir zu eng zu meinem Gedanken“ schreibt Schumann. Nach einigen Quartett- und Klavierkonzertversuchen schreibt er schließlich die letzten Werke der sogenannten Klavierperiode, Arabeske op.18, Blumenstück op.19, Humoreske op.20, Faschingsschwank aus Wien op.26, Nachtstücke op.23, Romanzen op28 und die Klavierstücke op.32.

Clara ist zu Beginn des Jahres 1839 ohne Begleitung ihres Vaters nach Paris gereist. Sie beschließen nun, gerichtlich gegen den Vater vorzugehen, um die Heirat ohne Einwilligung des Vaters zu ermöglichen. Marianne Bargiel, Claras von Wieck geschiedene Mutter, unterstützt das Paar von Berlin aus. Der Schlichtungsversuch verläuft ergebnislos. Die von Wieck erlittenen Kränkungen, Schmähungen vor Gericht, und durch ganz Deutschland verbreiteten Verleumdungen, lösen bei Schumann wieder eine gefährliche gesundheitliche Krise aus . Für einige Zeit ist Schumann kaum fähig zu komponieren. Auf Vermittlung eines Freundes erhält er die Ehrendoktorwürde der Universität Jena, um damit seinen Stand gegen Wieck vor Gericht zu verbessern. Nach mehreren Verfahren erlangt er schließlich die gerichtliche Zustimmung zur Heirat mit Clara im August 1840. Wieck wird zu 18 Tagen Gefängnis wegen Verleumdung verurteilt. Am 12.September, am Vorabend zu Claras 21.Geburtstag findet die Trauung in der Dorfkirche von Schönefeld in Leipzig statt. Als Hochzeitsgabe für Clara entsteht der Liederzyklus „Myrthen“.